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Interview: Gibt es einen idealen Grundriss für das Mehrfamilienhaus?

Themen: Start-ups, Digitalisierung, Unternehmen

Wohnungen in Städten werden kleiner. Die Bedürfnisse der Anwohnerinnen und Anwohner ändern sich. Neue Konzepte wie Co-Living werden immer beliebter. Wie Architektur und Wohnungswirtschaft darauf reagieren, erzählt uns Ulrich Stuke, Architekt und Geschäftsführer beim Start-up facilioo.

Herr Stuke, wie wichtig ist der Grundriss bei der Planung eines Mehrfamilienhauses?

Tatsächlich ist der Grundriss das Erste, über das sich ein Architekt Gedanken macht: Wer wird in den Wohnungen leben? Baue ich eher für Singles oder für Familien? Wie viele Zimmer müssen am Ende zur Verfügung stehen? Erst wenn dieses Raumprogramm steht, definiere ich die Fassade oder mache mir Gedanken zur Ausstattung. Ein guter Grundriss ist mit einfachen Linien zu zeichnen. Aus energetischen Gründen sollte er so wenig Außenfläche wie möglich haben: Ein Kreis wäre ideal, Quadrate oder Rechtecke sind gut. Erker und andere Auskragungen erhöhen dagegen die Wärmeabgabe über die Fassade.

Worauf sollte man bei der Gestaltung von Wohnungen achten?

Ausschlaggebend ist immer die Zielgruppe. Im Stadtzentrum würde ich in vielen Fällen kompaktere Wohnungen bauen, denn dort gibt es mehr Einpersonenhaushalte. In den Außenbezirken entstehen aktuell eher größere Wohnungen für Familien. Letztendlich ist die Entscheidung immer auch eine Standortfrage. Um den Bedarf am Standort zu erfassen, führen Wohnungsbauunternehmen daher in der Regel entsprechende Studien durch. Für Privatleute ist diese Recherche hingegen oft zu aufwändig. Wenn die Immobilie für die Vermietung gedacht ist, kommt die Bedarfsanalyse in diesem Fall deswegen oft von dem Architekturbüro, das das Projekt entwickelt.

Wohin geht der Trend beim Zuschnitt von Wohnungen im Mehrfamilienhaus?

Wenn wir uns die vergangenen Jahrzehnte anschauen, hat der Platzbedarf bzw. die Pro-Kopf-Wohnfläche zugenommen: Die Wohnungen und Zimmer wurden also größer. Gleichzeitig gibt es aber vor allem in städtischen Regionen einen erheblichen Platzmangel: Wo viele Menschen leben, wird der Wohnraum daher auch wieder kleiner. Neue Wohnstrukturen, zum Beispiel Co-Living-Konzepte mit kleinen Appartements und Gemeinschaftsbereichen, gehören daher zu den Zukunftstrends.

Sind solche Co-Living-Konzepte nur dem Platzmangel geschuldet oder entsprechen sie auch einem neuen Bedürfnis?

Wer eine Immobilie baut, um die Wohnungen zu vermieten, möchte auf einem Grundstück möglichst viel Wohnraum schaffen. Um Mieterinnen und Mieter anzuziehen, muss das Wohnangebot möglichst attraktiv sein. Das leisten vor allem Co-Living-Konzepte. In den letzten Jahren haben sich Sharing-Modelle in nahezu allen Bereichen etabliert – etwa beim Auto, der Waschmaschine im Keller oder beispielsweise dem Gemeinschaftsgarten. Der Wohlfühlfaktor lässt sich also mit der Kombination einer kleinen Wohnung plus einer Gemeinschaftsfläche gut steigern. Ein wichtiger Aspekt für den Erfolg solcher Konzepte ist die Kommunikation: Schließlich muss sich untereinander abgestimmt werden, wer den Partykeller oder das Lastenrad zu einer bestimmten Zeit nutzt. Anders als noch vor wenigen Jahren vernetzen sich Nachbarschaften heute über die sozialen Medien. Digitale Angebote zur Mieterkommunikation – wie sie auch facilioo umsetzt – werden gut angenommen und sind ein wichtiger Bestandteil von Co-Living-Konzepten.

Der Wohnungssektor steht für einen großen Teil der CO2-Emissionen in Deutschland. Wie muss eine Wohnung aussehen, die möglichst wenig CO2 verursacht?

Kleine Wohnungen und kleine Räume mit kleinen Fenstern sind klar im Vorteil. Bei der Raumplanung spielt es aber zum Beispiel auch eine Rolle, ob sich die Fenster nach Norden oder nach Süden richten: Nordfenster verlieren Energie, Südfenster gewinnen sie. Wohnungen lassen sich entsprechend ausrichten: Der große Aufenthaltsraum liegt im Idealfall Richtung Süden und bekommt große Fenster, Funktionsräume oder Schlafzimmer sind klein gehalten und haben kleinere Fenster. Eine Nordausrichtung macht dort nicht so viel aus.  

Mindestens genauso wichtig wie die richtige Planung ist es auch, Bewohnerinnen und Bewohnern direktes Feedback zu ihrem Energieverbrauch zu geben. Wer zum Beispiel über eine App monatlich darüber informiert wird, macht sich automatisch mehr Gedanken und spart in der Regel mehr CO2 ein. Ich hoffe außerdem, dass bei der Planung von Mehrfamilienhäusern alternative Energiequellen wie Photovoltaikanlagen künftig eine noch größere Rolle spielen werden.

Der steigende Bedarf an Wohnraum und die Notwendigkeit, Heizenergie einzusparen, führen also gerade in Städten zu kleineren Wohnungen. Lässt sich bei der Innenausstattung etwas rausholen, um die Wohnfläche optimal zu nutzen?

Auf jeden Fall! Kleine Wohnungen profitieren von einem cleveren Innenausbau, der den Stauraum direkt in die Wohnung integriert und jeden Winkel nutzt. Solche effektiven Grundrisse und die funktionalen Einbauten können sich Architektinnen und Architekten von der Tiny-House-Bewegung abschauen. Und wenn man weiter zurückgeht, auch vom Bauhaus: Es ist meines Erachtens kein Kunststück, eine Villa mit Seeblick gut ausschauen zu lassen. Interessant wird es bei den kompakten Wohneinheiten, für die neue, platzsparende Ideen entwickeln werden müssen. Die Raumkonzepte der Tiny Houses bieten enormes Potenzial – indem sie partiell in das vertikale Bauen übertragen werden, leisten sie auch einen bedeutenden Beitrag zur Steigerung des Wohnangebots.

Beim Bau von Mehrfamilienhäusern werden neue Wohnraumkonzepte also immer beliebter. Wie muss ein Mietshaus denn aussehen, damit es zukunftsfähig ist?

Es muss einfacher werden, seinen Wohnraum den Bedürfnissen anzupassen. Flexible Modelle wie Mehrgenerationenhäuser oder die bereits erwähnten Co-Living-Konzepte machen das möglich. Das Thema hat aber auch etwas mit Bewirtschaftung zu tun: Die wird nämlich aufwändiger. In einem solchen Modell reicht es nicht mehr aus, einmal im Jahr die Nebenkostenabrechnung zu machen. Die Mieterinnen und Mieter müssen sich untereinander austauschen und Wünsche oder Mängel unkompliziert an die Verwaltung melden können. Mit facilioo haben wir ein Produkt entwickelt, das genau hier ansetzt. Wir bilden Kommunikation und Verwaltungsvorgänge in einem Tool ab und bieten unterschiedliche Zugangsmöglichkeiten. Die Digitalisierung reduziert den Aufwand sehr effizient und kann deutlich komplexere Modelle abbilden, als sie heute üblich sind. Das eröffnet neuen Wohnformen und Wohngemeinschaften ungeahnte Möglichkeiten – auch für ein nachhaltigeres Leben mit einem geringeren CO2-Fußabdruck.

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