 
 Brandschutz bedeutet weit mehr, als nur Feuerlöscher bereitzuhalten. Er beginnt bei der Bauweise eines Hauses, der Wahl der Materialien und der Raumaufteilung. Er umfasst technische Systeme wie Rauchmelder, Sprinkleranlagen und Rauchabzüge – aber auch die Gestaltung und Beschilderung von Flucht- und Rettungswegen. Dazu gehört, dass diese jederzeit frei und nutzbar bleiben.
Guter Brandschutz setzt außerdem auf Information: Bewohner müssen wissen, wie sie sich im Ernstfall verhalten, wo sich Notausgänge befinden und wie Flucht- und Rettungspläne zu lesen sind. Nur wer vorbereitet ist, kann im Notfall richtig reagieren.
Flucht- und Rettungswege sind im Notfall die Lebensadern eines Gebäudes. Fluchtwege – also Flure, Treppen oder der Notausgang ins Freie – dienen der Selbstrettung: Sie ermöglichen es Bewohnern, das Haus bei Gefahr wie einem Brand schnell und sicher zu verlassen.
Rettungswege hingegen sind die Pfade für Rettungskräfte. Über sie gelangt beispielsweise die Feuerwehr ins Gebäude, um Personen zu retten oder Brände zu löschen. Man spricht dabei von so genannter Fremdrettung.
Übrigens: Sind Flucht- und Rettungsweg identisch, muss dieser Weg in beide Richtungen passierbar sein. Türen, die sich nur von einer Seite öffnen lassen, sind unzulässig.
Fluchtwege müssen im Rahmen des Brandschutzes bestimmte Vorgaben erfüllen. Grundlage sind die Musterbauordnung (MBO) sowie die Brandschutzordnungen der Länder. Sie regeln verbindlich, dass Eigentümer und Vermieter geeignete Fluchtwege bereitstellen, eindeutig kennzeichnen und in sicherem Zustand halten müssen – das fällt unter die sogenannte Verkehrssicherungspflicht.
Diese Vorschriften bestimmen außerdem,
In der Regel sind zwei voneinander unabhängige Flucht- und Rettungswege Pflicht. Der erste führt über Flure und Treppenhäuser ins Freie. Der zweite Rettungsweg ist meist der, den die Feuerwehr von außen nutzt – etwa über Leitern, Balkone oder Fenster. Entscheidend ist, dass jede Wohnung auf zwei Wegen erreichbar oder zu verlassen ist.
In Hochhäusern reicht die Feuerwehrleiter oft nicht mehr aus. Hier müssen zusätzliche bauliche Fluchtwege geschaffen werden – etwa durch ein zweites Treppenhaus, Außentreppen oder in Ausnahmefällen spezielle Rettungsrutschen. So ist gewährleistet, dass Bewohner auch dann entkommen können, wenn ein Fluchtweg unpassierbar wird.
Damit diese Wege im Ernstfall sicher nutzbar bleiben, gelten weitere Anforderungen: Elektrische Leitungen dürfen nur in geringem Umfang im Fluchtweg verlegt werden, um Schwelbrände zu vermeiden. Auch der Bodenbelag sollte schwer oder gar nicht entflammbar sein.
Zudem gelten europaweit gültige DIN-Normen, die in erster Linie die Kennzeichnung von Flucht- und Rettungswegen bestimmen. Die DIN EN ISO 7010 beispielsweise ist eine internationale Norm für Sicherheitskennzeichnung. Sie legt einheitliche grafische Symbole, sogenannte Piktogramme, fest, die zum Beispiel auf Fluchtweg-, Brandschutz-, Verbots-, Gebots- oder Warnschildern benutzt werden. Die Norm sorgt dafür, dass Sicherheitszeichen weltweit einheitlich verstanden werden – unabhängig von Sprache oder Schrift.
Ergänzend dazu beschreibt DIN ISO 23601, wie Flucht- und Rettungspläne gestaltet, aufgebaut und gekennzeichnet werden müssen, um Personen im Notfall eine schnelle und sichere Orientierung zu ermöglichen. Flucht- und Rettungspläne müssen zudem regelmäßig geprüft und bei baulichen Änderungen angepasst werden.
Für Menschen mit Behinderung oder solche, die aus Altersgründen Barrierefreiheit benötigen, gilt zusätzlich die DIN 18040 „Barrierefreies Bauen“. Hier ist festgelegt, dass Rettungsinformationen sichtbar, hörbar oder tastbar sein müssen – etwa durch akustische Signale oder ertastbare Bodenmarkierungen.
In einigen Gebäuden finden sich Rettungswegmarkierungen am unteren Rand der Wände – ähnlich wie im Flugzeug. Das hat einen praktischen Grund: Bei Rauchentwicklung steigt der Qualm nach oben. Unten bleibt die Luft länger klar. Dort angebrachte Schilder sind selbst im Kriechgang noch sichtbar. So behalten Menschen auch in dichtem Rauch die Orientierung und finden sicher den Weg ins Freie.
Im Mehrfamilienhaus gilt: Flucht- und Rettungswege müssen jederzeit frei, übersichtlich und sicher begehbar bleiben. Dafür ist eine Mindestbreite von rund 80 Zentimetern im Treppenhaus und mindestens einem Meter im Hausflur vorgeschrieben. In der Praxis sieht es jedoch oft anders aus – abgestellte Kinderwagen, Regale oder Pflanzen verengen den Flucht- und Rettungsweg und werden im Brandfall schnell zur Gefahr. Sie behindern nicht nur die Flucht, sondern können selbst Feuer fangen und den einzigen Rettungsweg blockieren. Ein ausdrückliches gesetzliches Verbot gibt es zwar nicht, doch Vermieter können das Abstellen von Gegenständen im Hausflur aus Brandschutzgründen in der Hausordnung klar untersagen.
Es gibt jedoch Ausnahmen: Kinderwagen, Rollstühle oder Rollatoren dürfen im Eingangsbereich oder Treppenhaus stehen, wenn kein anderer geeigneter Abstellplatz vorhanden ist und genug Platz bleibt, um gefahrlos vorbeizukommen. Blockierte Fluchtwege sind in keinem Fall zulässig.
Türen spielen im Brandschutz eine doppelte Rolle. Einerseits sind sie Teil des Fluchtwegs: Sie sollten sich leicht und in Fluchtrichtung öffnen lassen. Andererseits dienen bestimmte Türen als Brandschutztüren – sie verhindern, dass sich ein Feuer auf andere Gebäudeteile ausbreitet. Sie sind in beispielsweise in Heizungsräumen, Tiefgaragen und Kellern von Mehrfamilienhäusern vorgeschrieben. Damit diese Barriere funktioniert, müssen Brandschutztüren immer geschlossen bleiben. Sie dürfen nicht verkeilt oder dauerhaft offengehalten werden. Warnschilder weisen auf diese Pflicht hin.
Die Haustür im Mehrfamilienhaus darf nicht abgeschlossen werden, denn das versperrt einen wichtigen Fluchtweg. So entschied das Landgericht Frankfurt am Main (AZ 2-13 S 127/12). Eine abgeschlossene Haustür kann im Ernst-, also im Brandfall, lebensgefährlich sein.
In Hochhäusern verlangt die Muster-Hochhaus-Richtlinie (MHHR) eine dauerhafte, gut sichtbare Kennzeichnung aller Rettungswege. Die Beleuchtung muss auch bei Stromausfall funktionieren – sie wird an eine Sicherheitsstromversorgung angeschlossen. In Mittel- und Großgaragen schreibt die Muster-Garagenverordnung (MGarVO) vor, dass Ausgänge klar erkennbar und mit beleuchteten Hinweisschildern versehen sein müssen. In großen Anlagen (über 1.000 m²) sind zusätzlich Bodenmarkierungen vorgeschrieben, die den Weg ins Freie zeigen.
Die bauliche Planung und Instandhaltung von Flucht- und Rettungswegen liegt primär beim Vermieter oder Eigentümer. Er ist dafür verantwortlich, dass Rettungs- und Fluchtwege normgerecht ausgeführt und dauerhaft gesichert sind. Neben baulichen und technischen Maßnahmen zählt auch die Organisation zum Brandschutz. In der Hausordnung lassen sich klare Regeln festlegen – etwa, was im Flur abgestellt werden darf, wie Fluchtwege freizuhalten sind oder welches Verhalten im Brandfall gilt. Der Einbezug der Mieter durch Informationsblätter, Aushänge oder kurze Hinweise in der Hausversammlung trägt zur Sensibilisierung bei.
Denn auch Mieter tragen Verantwortung: Sie haben die Pflicht, Flucht- und Rettungswege freizuhalten – kein Abstellen von Fahrrädern, Schuhen oder Kartons im Flur. In der Hausordnung kann dies klar geregelt werden. Zudem müssen Mieter sicherstellen, dass Steckdosen nicht überlastet werden und elektrische Geräte in Ordnung sind. Der Vermieter sorgt für die richtige Ausstattung, die Mieter für den sicheren Umgang damit – so funktioniert Brandschutz im Team.
Flucht- und Rettungswege sind keine bloße Formalität, sondern lebenswichtige Sicherheitsvorkehrungen. Damit sie im Brandfall zuverlässig funktionieren, müssen sie nicht nur korrekt geplant, sondern auch konsequent freigehalten, gekennzeichnet und regelmäßig überprüft werden. Vermieter und Eigentümer sind in der Pflicht, alle baulichen und organisatorischen Maßnahmen gemäß den geltenden Normen umzusetzen – von der richtigen Beschilderung bis zur regelmäßigen Wartung. Ebenso wichtig ist die Aufklärung der Bewohner, denn Brandschutz funktioniert nur, wenn alle mitmachen. Wer seine Gebäude auf die Einhaltung der Flucht- und Rettungswegvorschriften prüft, Rettungspläne aktualisiert und Mieter informiert hält, sorgt für mehr Sicherheit im Ernstfall.
